Deutschlandstaffel 2018. Von Sylt bis zur Zugspitze. 1200km in unter 100 Stunden
[Update 3.10. Teil 2 s.u.]
Montag 17.09. 5:30h, alles dunkel, alles schläft, 13°C, eine steife Brise weht.
Alles schläft? Nein, eine kleine 17 köpfige Gruppe, zum Teil aus dem Bergischen macht sich vom Zwischenlager bei Husum auf zum Ellenbogen, dem geographisch nördlichsten Punkt Deutschlands auf der Insel Sylt. In den nächsten 5 Tagen gilt es 1230km zu bewältigen. Nonstop. Einer läuft immer. Unter den Wahnsinnigen auch drei LG Athleten, Corinna Mertens, Sascha Hoter und Benjamin Lehmbach (das bin ich).
8:45h Start am Ellenbogen in südlicher Richtung. Wir sind hier vom Breitengrad her schon auf Höhe von Dänemark. Die ersten 1,3km werden gemeinsam am Strand gelaufen (s. Foto)
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Danach gehts in den Staffelmodus. Sina Böhne macht den historisch wichtigen Anfang. Das wird später in die Geschichtsbücher eingehen.
Gegen 10h darf ich auch meine ersten Kilometer für die Staffel beisteuern. In Höhe des Sylter Flughafens laufe ich meinen ersten Kilometer noch vorsichtig in 4:33min. Dann übernehme ich das Rad von Markus Thonemann aus Warburg und lasse Ihn weiter laufen. Nach einem weiteren Kilometer ist wieder Wechsel. Ich laufe. Jetzt schon 4:14min/km. Markus habe ich erst gestern kennengelernt. Er scheint ein guter zu sein, sportlich wie auch menschlich. Nach nicht mal 3km auf meiner Uhr, kommen wir zum Bahnhof in Morsum. Hier ist gedankliche Übergabe an die Staffelleute die drüben auf dem Festland warten. Rüber laufen neben den Schienen wurde uns nicht erlaubt. Deswegen hier nur ein mentaler Wechsel, der aber ab jetzt nicht mehr unterbrochen werden soll. Ich steige in den Bus der auf uns wartet und fahre zurück nach Westerland. Hier ist Bahnverladung mit dem Auto. Allerdings sind wir schon zu spät. Hoffentlich wartet der Zug ein paar Minuten, sonst muss der andere Teil der Taggruppe mal eben 3 Stunden am Stück Durchlaufen. Das darf nicht sein, wir können uns nicht schon am ersten Tag verballern. Wir müssen schnell sein. "Sascha drück aufs Gaspedal!"
Teil 2
...und Sascha drückt drauf. Normalerweise ist er durchs nichts aus der Ruhe zu bringen, doch er weiß und fühlt was jetzt auf dem Spiel steht. Wir versuchen einen kleinen schwarzen BMW vor uns wegzuschieben, denn vielleicht bekommt er genau den letzten Platz auf dem Transporter-Zug? Es geht nicht, die Strassen auf Sylt sind zu klein. Schliesslich gelingt uns ein taktisch genialer Schachzug: "Fahr vorne an die rechte Schranke!" brülle ich jetzt von hinten "am Kassenhäuschen überholen wir ihn wenn wir fehlerfrei durchkommen!" Es gelingt. Obwohl wir jetzt in Führung liegen ist Sascha immer noch im Zerstörungsmodus. Bei der Auffahrt auf den Zug rasieren wir einen Bordstein mit dem rechten Hinterreifen weg und schiessen mit gefühlten 100km/h auf den doch sehr schmalen, filigranen Zug auf. Über Lautsprecher ertönt eine Durchsage, die in etwa wiedergeben soll das ein Sylt Shuttle keine Rennstrecke ist. Ups, das war dann doch ein bisschen drüber. Und es sollte nicht das letzte mal sein, dass die Staffel negativ auffällt. Aber so ist das und es ist wohl ganz normal wenn man einen Schnitt von 4:40min/km über 1200km einhalten muss.
Mo, 13:00h
Am Ortschild Lütjenholm, Ortsausgang Enge-Sande, weit weg von irgendeiner größeren Stadt, startet unsere Taggruppe 1 das erste Mal in der Formation, wie Sie auch über die nächsten drei Tagen Bestand haben soll. Sina Böhne, eine Triathletin und Jörn Abrahams ein klassischer 10-Kämpfer, beide aus Remscheid, ausserdem Markus ein Marthonläufer (s.o.) und ich, ein Mittelstreckler. Zu viert gilt es am Tag immer gut 2 Stunden zu Laufen um danach wieder mit 2 Stunden Pause den nächsten Wechselpunkt mit Taggruppe 2 abzupassen. Insgesamt immer 11 bis 13 Stunden täglich. Idealerweise läuft einer, einer fährt den Bus, einer liest die Karte und einer macht die Radbegleitung. Volle Auslastung über 2 Stunden, kein Platz für Pausen oder Fehler!
Unser Weg führt uns durch flaches Land und über Felder, wenig Verkehr, wenig Autos oder auch mal gar keine. Manchmal kommt auch der Bus nicht durch. Hier geht es dann im 2er Team (Rad-Läufer) auch mal 6, 7 oder 8km weit bis der Bus wieder irgendwo halten kann. Und jedes Mal das Stossgebet nach oben "Bitte lass den Bus hinter der nächsten Kurve auf uns warten!" Wenn dem so ist, freuen wir uns riesig. Der Läufer weil er endlich Pause hat, die im Bus weil sie endlich ihren Läufer wieder haben. Anfangs wechseln wir jeden Kilometer. Später auch mal nur 500er Abschnitte. So können wir die Pace hochhalten. Jörn rennt wie wahnsinning. 15km/h oder mehr zeigt der Fahrradtacho. Ein 4er Schnitt und schneller, dabei ist er noch nie längere Strecke als 1500m gelaufen. Auch Markus in ähnlichem Tempo. Und Sina mit 4:30 ebenfalls total verrückt. Die war doch grade noch verletzt! Wie wollen die das durchhalten frage ich mich. Ich selbst bin etwas vorsichtiger mit 4:15min/km unterwegs. Ich weiß das grade Tag 5 entscheidende Kraftreserven einfordernd kann. Verletzt sich jemand oder wird jemand krank müssen die anderen an den letzten Tagen deutlich mehr abrufen.
Zwischen Löwenstedt und Haselund erreichen wir die andere Gruppe. Erstmal geschafft. Dieser Staffelmodus mit Route finden hat unheimlich Spass gemacht. Die Kräfte sind noch beisammen. Wir fahren vor bis zur Blumenstube in Groß Rheide und gönnen uns Kakao und Kaffee in einem Strandkorb, während Sina eine Mütze voll Schlaf findet. Hier wird gegen 17h das heilige Garmin wieder zurück in unsere Hände gereicht und es geht auf die letzte lange Etappe des ersten Tages. Nochmal gut 25km liegen vor uns bis wir Rendsburg erreichen und die Elbe überqueren bzw unterqueren.
to be continued...